MÜHLDORF AM INN | | | KUNST UND LANDSCHAFT
  Haag
 

Der Markt Haag in Oberbayern vor der Alpensilhouette: links die (neu)gotische Pfarrkirche, rechts das mittelalterliche Schloss mit schlankem Torturm und mächtigem Wohnturm. Letzterer darf unter den Hauptsehenswürdigkeiten des Landkreises gerechnet werden: der Wohnturm gehört zu den beeindruckendsten erhaltenen Burg-Wohntürmen Süddeutschlands!
Die Burg wurde vermutlich ab dem 12. Jahrhundert, also in der Zeit der Romanik, von den Edelfreien "de Haga" oder "vom Hage" errichtet. Durch Erbschaft oder Verkauf ging die Anlage an die Edelfreien "Gurren von Kirchdorf", alsbald die "Gurren von Haag" genannt. Dann kamen die Fraunberger, ihres Zeichens Ministerialgeschlecht, bis 1566 hier residierend.
1509 stiegen die Fraunberger zu erblichen Reichsgrafen auf. 1566 verstarb jedoch der letzte Fraunberger Graf Ladislaus von Fraunberg-Haag, worauf der bayrische Herzog Albrecht V. ab 1567 mit Haag belehnt wurde. Fortan stand die Grafschaft Haag unter der Verwaltung des Herzogtums/Kurfürstentums Bayern.
Bis 1804 blieb Haag dennoch zumindest formal "Freie, den bayrischen Kurlanden nicht eingegliederte Reichsgrafschaft", obgleich unter der "Fuchtel" Bayerns. 1777/78 gelangte die Grafschaft ein letztes Mal in echte Unabhängigkeit, indem der österreichische General Andreas Hadik von Fudak als Graf eingesetzt wurde. Ab 1779 wieder unter bayrischer Verwaltung, kamen Burg und Grafschaft mit der Mediatisierung 1804 nunmehr endgültig und unmittelbar an Bayern. Ab dieser Zeit, die Burg hatte als Residenz endgültig ausgedient und war als Wehranlage der modernen Waffentechnik nicht mehr gewachsen, begann man mit dem schrittweisen Abbruch des Großteils der Bauwerke.

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Die Protagonsisten der attraktiven Haager "Turm-Skyline" aus der Nähe betrachtet. Links die schlanke Turmspitze der katholischen Pfarrkirche, in der Mitte der wuchtige Bergfried bzw. Wohnturm der Burg und rechts der wiederum schlanke Torturm zur Hauptburg. Die Haager Burg war über viele Jahrhunderte Residenz der unabhängigen Haager Reichsgrafschaft. Und die beeindruckende Burganlage, bestehend aus Hauptburg und Vorburg, spiegelte diese Bedeutung wider.
Leider wurden im 19. Jahrhundert der Großteil der Gebäude abgetragen oder stark umgebaut und die einst sichernden Mauern gleichfalls stark dezimiert. Was heute noch vor Augen ist nichtsdestotrotz beeindruckend genug. Weit blickt der bullige Wohnturm mit seinen vier Wichhäusern und hohem Zeltdach ins Land; auf einer Anhöhe situiert, "beherrscht" der Bergfried einen Sichtkontakt-Radius von 10-20 Kilometer, begleitet von den niedrigeren und im Vergleich reizvoll schlankeren Türmen des Burgtores und der Stadtkirche.

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Der Ortskern von Haag zeigt zahlreiche historische Bauwerke, dadurch einige ansehnliche Straßenzüge. Die Substanz geht teilweise bis auf Mittelalter/Renaissance zurück, wurde in diesen Fällen aber zumeist im 19. Jahrhundert überrabeitet, nicht immer zum gestalterischen Nutzen dieser Gebäude.
Links oben und unten blickt man auf die Südseite der Hauptstraße. Unten lugt die Spitalkirche mit rein.
Die rechte Abbildung zeigt den stattlichen Staffelgiebel des Bräuhauses. Das inklusive Stufengiebel später veränderte Gebäude stammt aus spätgotischer Zeit, entstanden 1560.

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Die linke Abbildung gibt die Ansicht über den Vorhof zur Hauptburg wieder. Hinter der um 1550 erbauten Löwenbrücke zeichnen zwei barocke Pfeiler eine schöne Torsituation, die den Eingang in die abgetragene Vorburg markiert. Es ist das Untere Tor, errichtet um 1750. Die zwei Sandsteinlöwen auf der gegenüberliegenden Seite der Löwenbrücke stammen gleichfalls aus der Zeit um 1750. Torturm und Bergfried blicken von hinten drein.
In der Mitte sieht man die Vorderseite des Torturms und die Freitreppe aus dem Jahr 1748, die reizvoll gassenartig eng zwischen Gebäuden des 19. Jahrhunderts auf den Turm zuführt. Hinter dem Bergfried ist der Torturm das zweitwichtigste und -schönste Artefakt der mittelalterlichen Burganlage.
Rechts die Zusammenschau von Bergfried und Wohnturm, nahe beieinander stehend, betrachtet aus Richtung Süden. Die Vorburg schloss sich im Norden an, ebenso wie die Altstadt, die sich dann vor allem nach Osten ausbreitet, wo auch die Pfarrkirche steht. Nach Süden stand die Burg historisch ohne weitere Bebauung. Im Vordergrund sieht man einen später entstandenen Gasthof (gelber Putzbau). 

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Blick in den gotisch-neugotischen Innenraum der ehemaligen Spital- nunmehrigen Pfarrkirche.
Links blickt man durch das einschiffige Langhaus in Richtung Chor, der durch einen Triumphbogen an das Langhaus schließt.
In der Mitte die umgekehrte Blickrichtung, durch das Langhaus nach hinten zur Orgelempore schauend.

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Haag im frühen 18. Jahrhundert, gestochen von Michael Wening, dem in Diensten des bayrischen Kurfürsten stehenden und für die historisch-barocke Abbildung von Alt-Bayern so wichtigen Kupferstecher. Perspektive der Nordseite von Haag: die von Osten nach Westen verlaufende Besiedlung wird "aufgespannt" von der damaligen Spitalkirche (heute Pfarrkirche) und der großen Burganlage.
Zu diesem Zeitpunkt war die Veste noch voll intakt. Während die Vorburg weniger gut zu sehen ist, präsentiert sich die Hauptburg, welche topographisch exponiert, am besten. Deutlich zeichnen sich ab der Bergfried, der Torturm und die Gebäude der Kernburg, deren Außenwände von der runden Ringmauer gebildet wurden.

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Die Burg besetzt die Spitze einer Hügelkuppe. Entsprechend gute Aussichtmöglichkeit besaß man insbesondere von der Spitze des heute wegen Baufälligkeit leider nicht betretbaren Bergfrieds. Am schönsten der Ausblick nach Süden zu den nicht mehr fernen Alpen.
Die rechte Abbildung zeigt die gotische und im 19. Jahrhundert historistisch-neugotisch überarbeitete Stadtkirche, 1558 als Spitalkirche erbaut. Die Spitze des 1595 ausgeführten Kirchturms brannte 1849 ab. Die neue Spitze wurde in enger Anlehnung an den mittelalterlichen Vorgänger gestaltet. Das (neu-)mittelalterliches Erscheinungsbild der Kirche tritt bestens zu den Türmen der Burg, mit denen sie das reizvoll mittelalterliche Gesamtbild der Haager Turmsilhouette schafft.

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Links die drei Spitzen der Haager "Turm-Skyline", Blick aus Richtung Osten. Alle drei zeigen hohe Zeltdächer — zusammen mit den Zeltdächern der vier Wichhäuser also gleich sieben Spitzen, die in mittelalterlicher Manier dynamisch gen Himmel zeigen.
In der Mitte gewahrt den im Grundriss rechteckigen Torturm mit vierseitigem Zeltdach, Perspektive von Südwesten. Der schlanke Torturm steht in der erhaltenen inneren Ringmauer und gibt den Durchgang in die Kernburg frei. Er wurde um 1200 begonnen und um 1500 abschließend aufgestockt.
Rechts der mächtige Wehrturm, über die erhaltene, jedoch gekürzte Ringmauer der Hauptburg blickend (auch hier die Südwest-Perspektive. Der Bergfried strebt beeindruckende 42 Meter in die Höhe und besitzt eine für einen Bergfried nicht minder beeindruckende Seitenlänge von 12 Metern. Die bis zu drei Meter starken Mauern sind waren über einen Eingang in 7 Meter Höhe betretbar. Die untere Partie des Turmes stammt vermutlich aus der Entstehungszeit (um 1200) und wurde später sukzessive aufgestockt, bis endlich im 15. Jahrhundert die vier sechseckigen Wichhäuser (Ecktürmchen) und das hohe Zeltdach beschlossen.
Der gewaltige Turm besitzt, typisch für das Mittelalter, spärliche Befensterung, was den wehrhaft-verschlossenen Charakter natürlich verstärkt. Die Öffnungen befinden sich vor allem in den beiden obersten Stockwerken, die als Wohngeschosse mit einem Kamin beheizt wurden.

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Südansicht von Burg und Stadt. Links einmal mehr der bullige Bergfried, begleitet vom Torturm, ganz rechts die Pfarrkirche.

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Quellen
1) die Bauwerke selbst - Stilmerkmale; Markt und Landschaft
2) Alexander von Reitzenstein und Herbert Brunner "Reclams Kunstführer, Deutschland Band 1, Bayern, Baudenkmäler",
   Philipp Reclam Jun. Verlag Stuttgart, Ausgabe 1974
3) Herrmann Bauer und Bernhard Rupprecht "Kunsthistorischer Wanderführer, Bayern, Südlich der Donau",
   Chr. Belser AG für Verlagsgeschäfte & Co KG Stuttgart-Zürich, Ausgabe 1973
4) Homepage von Haag in Oberbayern
5) Website www.burgenseite.de/html/haag.html


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