MÜHLDORF AM INN | | | KUNST UND LANDSCHAFT
  Schwindegg
 

Das Renaissance-Schloss in Schwindegg zählt nicht nur zu den Hauptsehenswürdigkeiten des Landkreises, sondern bedeutet auch eines der schönsten Wasserschlösser Bayerns, ja ganz Süddeutschlands!
Der ab 1594 entstandene Palast beschreibt ein für die Renaissance in Deutschland typische Anlage: rechteckiger Grundriss mit von Türmen besetzten Ecken. Zur weiteren Aufwertung erhielt das Schloss einen prächtigen Torturm, eine geräumige Vorburg mit einem zweiten Torturm und einen gleich zweifachen Wassergraben. Außerdem traten ansehnliche Nebengbäude und ein Lusthaus hinzu. Über die Jahrhunderte bis heute gingen alleine das Lusthaus und ein Großteil des zweiten Wassergraben verloren.
Es ist das Zusammenspiel aus gediegen prächtiger Renaissance-Kunst des Schlosses mit der Vorburg und vor allem mit dem gut erhaltenen ersten Wassergraben, der die Anlage so wertvoll macht.
Die Abbildung oben zeigt die Vorderseite des Schlosses mit zwei Ecktürmen und dem mittigen Torturm.

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Blick über den Bachlauf der Goldach, die ungefähr an Stelle des zweiten Wassergabens verläuft, auf die südliche Vorderseite und westliche Längsseite des Schlosses; rechts im Bild das gestreckte, ein unregelmäßiges "U" nachzeichnende Vorschloss. Malerisch das Zusammenspiel von qualitätvollen Bauwerken, Parklandschaft und Gewässer.
Das Schloss wurde von 1594 bis 1606 über einem mittelalterlichen Vorgänger von Sebastian von Haunsperg errichtet. Schon für das 14. Jahrhundert lässt sich in Schwindegg ein Herrschaftssitz nachweisen. Von 1315 bis 1594 stand das Schloss als mittelalterliche, gotische Wasserburg, von welcher Gebäudepartien im Renaissance-Schloss aufgingen. Die Fraunhofener, Tättenpecks und Pappenheimer sind als Burgherren nachweisbar.
Ab 1594 der tiefgreifende Umbau, bzw. teilweiser Neubau der Anlage unter Sebastian von Haunsperg, der aber die Vollendung 1606 nicht mehr erlebte. Sein Erbe Ferdinand von Haunsperg brachte den Schlossbau zu Ende. Aber auch er hatte keine allzu lange Freude am Wasserschloss. Statt dessen ging es 1620 in weit prominentere Hände über, als nämlich Herzog Albrecht von Bayern den Palast erwarb. Auch dieser Besitz war nicht von langer Dauer, die Schlossherren gaben sich förmlich die Klinke in die Hand. 1708 nochmalige Prominenz, da Schloss Schwindegg an die berühmten Fugger fiel. Dazwischen, 1648, im letzten Jahr(!) des 30jährigen Krieges, schlugen die protestantischen Schweden nach dem Schloss, glücklicherweise ohne allzu großen Schaden zu tun.

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Die schönsten Gebäudeteile der Außenansicht des eigentlichen Schlosses sind die fünf Türme: die vier oktogonalen Ecktürme und der rechteckige Torturm. Der Fassadenschmuck konzentriert sich auf die durch Überhöhung der Fassade um ein oder zwei Stockwerke auffälligsten Schlosspartien.
Im Bild links der Turm der Nordwest-Ecke, rechts der Nordost-Turm und in der Mitte die Spitze von ersterem. Im Gegensatz zu Torturm und den beiden Ecktürmen der Südseite besitzen die Nordtürme ein Verlängerung der Fassade um gleich zwei Stockwerke, was die vertikale Dynamik und Schlankheit entsprechend erhöht. In den unteren drei Etagen wird die Gestaltung der Flügel-Außenwände fortgesetzt. Die beiden Stockwerke über dem Dachgesims, mit welchen die Flügel-Fassaden die Türme reizvoll "einfangen" zeigen Fassadenschmuck, namentlich Pilaster und Rahmungen. Den Abschluss bilden große, nicht allzu eng geschnürte, gleichfalls achtseitige Zwiebeldächer.

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Die linke Abbildung zeigt die schönste Ansicht des Schlossgevierts: die Südseite mit den zwei Ecktürmen und dem zentralen Torturm. Letztere ist durch eine den Wassergraben überspannende Steinbrücke zugänglich.
Rechts dagegen die Ostseite mit Nordost-Turm. Die von Gesimsen gegliederte dreistöckige Fassade besitzt 11 Öffnungsachsen. Fassadenschmuck findet sich nicht, die Fenster sind ohne Rahmung und schlicht in die Fassade "eingeschnitten. Im Untergeschoss sind noch Schießscharten sichtbar, z.T. wurden nachträglich Fenster durchgebrochen. Von selber Machart sind auch die anderen drei Flügel-Außenseiten.
Die gerade genannten Schießscharten erinnern ebenso wie der erste und der in einem Teilabschnitt erhaltene zweite Wassergraben an die alte Wehrhaftigkeit der Anlage. Für ein Renaissance-Schloss war diese jedoch im Gegensatz zu den mittelalterlichen Burgen (den Vorgängern der Renaissance-Schlösser) bereits stark herabgesetzt. Die Wassergräben und Fensterlosigkeit im Untergeschoss war allenfalls noch geeignet um räuberischen Streifzügen von kleiner Mannschaftsstärke abzuwehren. Einer regulären Belagerung hätte die Anlage keineswegs trotzen können. Die nächste Generation der Schlösser in der Barockzeit verzichtete dann ganz auf Wehrhaftigkeit.

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Schloss Schwindegg im Barock, im frühen 18. Jahrhundert, von Südosten gesehen. Der Stich wurde vom meisterhaften Kupfer-Stecher Michael Wening 1723 gefertigt.
Das Äußere des Hauptbaus hat im 17. Jahrhundert kaum Veränderung erfahren, ja selbst bis heute kaum. Auch die Vorburg (oder Vorhof) mit Torturm ist noch sehr gut erhalten. Der zweite Wassergraben existiert nur noch im Norden des Schlosses, der hier sichtbare Teil wurde später zugeschüttet. Rechts unten gewahrt man ein Renaissance-Lusthaus, welches leider gleichfalls nicht überauern durfte. Wiederum in weiten Teilen erhalten der Schlosspark, der sich im Süden und Osten an das Schloss anschließt.
Im Schloss und im Vorhof sind mittlerweile Privatwohnungen untergebracht (nach einem kuriosen Intermezzo als Kreis-Krankenhaus Mitte des 20. Jahrhunderts), weshalb man die Anlage nicht betreten darf. Nichtsdestotrotz gewährt ein um Schloss und Park führender Weg sehr gut bis befriedigende Enblicke. Alleine der schöne Schlosshof ist natürlich nicht einsehbar, weil von den vier Flügeln ganz umschlossen. Er zeigt, wiederum typisch für die Renaissance-Zeit, vorgelagerte Arkaden.

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Es sind die Türme, die vier Ecktürme und der Torturm, die das Schloss so ansehnlich machen. Die Ecktürme sind jedoch nicht mehr wie im Mittelalter Wehrtürme, besitzen also keinerlei Wehrfunktion mehr (außer im Untergschoss), sondern zählen zu den Schlossräumen. Im Schlossbau der Renaissance griff man gerne noch auf das mittelalterliche Bild zurück: vierseitig geschlossener Flügelbau mit Türmen an den Ecken. Der funktionale Hintergrund bestmöglicher Wehrhaftigkeit spielte dabei jedoch keine wichtige Rolle mehr und wurde entsprechend aufgeweicht. Man war das Bild noch gewohnt, konnte sich einen anderen Gebäudetyp (wie dann beim Barock) noch nicht so recht vorstellen, und wollte schließlich auf die noch gegebene "Grund-Wehrhaftigkeit" nicht verzichten. Ebenso wenig war man bereit auf die Annehmlichkeit der neuen Zeit: Großzügkeit und Licht zu verzichten – und so kam es beim Schlossbau der Renaissance zu den typischen Bauwerken, die alte Wehrhaftigkeit nachzeichnend ohne sie wirklich einzulösen.
Links im Bild der Nordwest-Turm, in der Mitte die Zwiebelhaube des Südost-Turmes und rechts die detailreiche Spitze des Nordost-Turmes. Die beiden Nordtürme zeigen beim Übergang zum Dachgesims übrigens Kielbögen, Rundungen, die in eine Spitze übergehen – eine Gestaltung, die nochmals und abschließend auf gotisches Formenverständnis zurückgreift.
Die große Schönheit von Schloss Schwindegg beweist sich auch beim Vergleich z.B. mit anderen süddeutschen Vorzeigebeispielen, wie den Schlössern in Lohrbach im Odenwald, Inzlingen am Hochrhein, Bad Rappenau im Kraichgau.

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Quellen
1) die Bauwerke selbst - Stilmerkmale; Schloss und Landschaft
2) Alexander von Reitzenstein und Herbert Brunner "Reclams Kunstführer, Deutschland Band 1, Bayern, Baudenkmäler",
Philipp Reclam Jun. Verlag Stuttgart, Ausgabe 1974
3) Herrmann Bauer und Bernhard Rupprecht "Kunsthistorischer Wanderführer, Bayern, Südlich der Donau",
Chr. Belser AG für Verlagsgeschäfte & Co KG Stuttgart-Zürich, Ausgabe 1973
4) Website www.chronik-schloss-schwindegg.de



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